Arbeitsunfall: Was ist zu tun?
Ein Arbeitsunfall stellt im betrieblichen Alltag ein zentrales Thema dar und ist nicht nur aus arbeitsrechtlicher, sondern auch aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht von besonderer Relevanz für Unternehmen und HR-Abteilungen. Ein Arbeitsunfall ist nach § 8 SGB VII ein Unfall, der infolge einer versicherten Tätigkeit eintritt. Dies umfasst sowohl Unfälle während der eigentlichen Arbeitszeit als auch jene, die auf dem direkten Weg zur oder von der Arbeitsstätte passieren, sofern der Arbeitnehmer diesen nicht aus privaten Gründen unterbrochen oder verlassen hat (sog. Wegeunfall).
Die zentrale Voraussetzung ist, dass ein „zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis“ eine Gesundheitsschädigung oder den Tod verursacht. Beispiele reichen von Stürzen im Betrieb, über Verletzungen durch Maschinen, bis hin zu Unfällen bei Außendienstfahrten. Abzugrenzen sind Arbeitsunfälle von Berufskrankheiten und gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die nicht auf einmaligen Ereignissen, sondern auf langanhaltenden Einwirkungen beruhen.
Die richtige Einordnung ist entscheidend für die verwaltungs- und versicherungsrechtliche Behandlung und kann über den Leistungsanspruch gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung entscheiden. Für HR-Professionals und Geschäftsführende ist es deshalb elementar, die exakten gesetzlichen Vorgaben und die einschlägige Rechtsprechung zu kennen, um Fehler und finanzielle Risiken zu vermeiden. Unternehmen sind zudem verpflichtet, bestimmte Meldewege strikt einzuhalten, andernfalls drohen empfindliche Sanktionen und Regressforderungen. Eine sorgfältige Organisation und Dokumentation der internen Prozesse rund um das Thema Arbeitsunfall ist unerlässlich.
Typische Beispiele und Abgrenzung: Was gilt als Arbeitsunfall?
Die Praxis zeigt, dass Unsicherheiten häufig in der genauen Einordnung bestehen: Was gilt juristisch als Arbeitsunfall und was nicht? Die wichtigsten Beispiele und Abgrenzungen sind:
Typische Arbeitsunfälle
- Stolpern, Ausrutschen oder Stürzen während der Arbeitstätigkeit
- Verletzungen durch Maschinen, Werkzeuge oder Arbeitsgeräte an der Arbeitsstätte
- Unfälle während betriebsbedingter Fahrten oder im Außendienst
- Wegeunfall: auf dem direkten Weg zur oder von der Arbeitsstätte
- Unfälle bei Betriebsveranstaltungen (z. B. Betriebsfeier, Team-Building, sofern betrieblicher Zusammenhang besteht)
Nicht als Arbeitsunfall gelten
- Unfälle in privater Zeit oder aus rein persönlichen Gründen (z. B. Wegeunfall bei privatem Umweg)
- Gesundheitliche Schädigungen infolge von langanhaltenden Belastungen (z. B. Bandscheibenvorfall ohne zeitlich begrenztes Ereignis)
- Selbstverschuldete riskante Freizeitaktivitäten im Rahmen von Betriebsausflügen, sofern keine betriebliche Weisung vorlag
Rechtliche Grundlagen zum Arbeitsunfall
Die rechtlichen Rahmenbedingungen zum Arbeitsunfall sind insbesondere im Siebten Sozialgesetzbuch (SGB VII) geregelt. Mit Inkrafttreten der gesetzlichen Unfallversicherung wurde die Absicherung von Beschäftigten im Fall von Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten festgeschrieben.
- Demnach besteht für Unternehmen die Pflicht, ihre Mitarbeitenden bei der zuständigen Berufsgenossenschaft (BG) oder Unfallkasse anzumelden.
- Bei Eintritt eines Arbeitsunfalls entstehen Leistungsansprüche gegenüber der gesetzlichen Unfallversicherung, die unter anderem Heilbehandlungen, Rehabilitationen, Verletztengeld sowie im Todesfall Rentenansprüche abdecken.
- Eine Haftungsübernahme durch die Unfallversicherung setzt voraus, dass der Unfall im sachlichen, zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit der Arbeit standgefunden hat.
Für HR-Fachleute ergeben sich daraus komplexe Anforderungen: Sie müssen einerseits die gesetzlichen Regelungen zur Vollversicherung kennen, andererseits sicherstellen, dass die Abgrenzung zu privatem Fehlverhalten oder außerhalb des Versicherungsschutzes liegenden Tätigkeiten sauber erfolgt. Management und Personalverantwortliche sind zudem verpflichtet, bei Verdacht auf einen Arbeitsunfall unverzüglich die notwendigen Maßnahmen einzuleiten – von der Versorgung der verunfallten Person bis hin zur rechtssicheren Dokumentation und Meldung des Vorfalls. Diese Aufgaben sind nicht delegierbar und Teil der Compliance-Pflichten im Unternehmen.
Meldepflichten und Fristen bei Arbeitsunfällen
Das rechtzeitige und vollständige Erfüllen der Meldepflichten bei einem Arbeitsunfall stellt einen zentralen Baustein im Risikomanagement und in der Compliance jedes Unternehmens dar.
Meldepflicht bei Arbeitsunfällen nach § 193 SGB VII
Nach § 193 SGB VII sind Unternehmen verpflichtet, jeden Arbeitsunfall, der eine Arbeitsunfähigkeit von mehr als drei Kalendertagen oder den Tod zur Folge hat, der zuständigen Berufsgenossenschaft unverzüglich, spätestens aber innerhalb von drei Tagen, zu melden.
Erweiterte Meldepflichten
Die Meldepflicht erstreckt sich nicht nur auf festangestellte, sondern auch auf Praktikanten, Auszubildende und externe Mitarbeitende, sofern diese dem Unternehmen weisungsgebunden zugeordnet sind.
Elektronische Meldung zur Prozesssicherung
Entsprechende Formulare sind in der Regel elektronisch bei den Berufsgenossenschaften einzureichen, was die Prozesssicherheit erhöht und die Bearbeitung beschleunigt.
Sanktionen bei verspäteter oder unterlassener Meldung
Unterbleibt die Meldung oder erfolgt diese verspätet, drohen empfindliche Sanktionen, Bußgelder und ggf. auch der Verlust des Unfallversicherungsschutzes. Dies kann wiederum zu erheblichen finanziellen und haftungsrechtlichen Konsequenzen für das Unternehmen führen.
HR-Abteilungen sollten daher bereits im Vorfeld klar definierte und dokumentierte Prozesse für die Arbeitsunfallmeldung etablieren.
Dazu gehört:
- Die Benennung interner Ansprechpartner.
- Die Sicherstellung einer lückenlosen Dokumentation des Unfallhergangs.
- Die Schulung von Führungskräften und Mitarbeitenden im Erkennen und korrekten Melden von Arbeitsunfällen.
Durch das Einhalten der Meldepflichten können Unternehmen nicht nur rechtliche Risiken minimieren, sondern auch einen wichtigen Beitrag zum Arbeitsschutz- und Gesundheitsmanagement leisten.
Pflichten des Arbeitgebers und Handlungsempfehlungen bei einem Arbeitsunfall
Die Pflichten des Arbeitgebers bei einem Arbeitsunfall sind umfassend und gesetzlich exakt geregelt. Zunächst muss die Erste Hilfe sichergestellt werden, indem geschultes Personal und notwendiges Material (z. B. Verbandskasten, Defibrillator) jederzeit bereitstehen. Darüber hinaus muss ein Arbeitsunfall mit der entsprechenden Sorgfalt dokumentiert und nach gesetzlichen Vorgaben gemeldet werden. Für HR- und Führungskräfte empfiehlt es sich, klare Checklisten und Prozessmuster im Unternehmen zu etablieren.
Diese sollten folgende Punkte abdecken:
- Umgehende Versorgung des/der Verunfallten und ggf. Alarmierung des Rettungsdienstes
- Absicherung der Unfallstelle zur Vermeidung weiterer Gefährdungen
- Dokumentation des Unfallhergangs mit Angaben zu Ort, Zeit, beteiligten Personen und Zeugen sowie ergriffenen Sofortmaßnahmen
- Unverzügliche Meldung des Vorfalls an die Berufsgenossenschaft sowie interne Meldung an die zuständige Stelle (HR, Arbeitsschutzverantwortliche*r)
- Information und Einbindung des Betriebsrats, sofern vorhanden
- Nachbearbeitung des Vorfalls durch Analyse der Unfallursachen und Initiierung von Maßnahmen zur Vermeidung weiterer Unfälle
- Organisation einer Folgebetreuung des/der Mitarbeiter*in, etwa durch Betriebsarzt oder Angebote zur Unfallverarbeitung
Durch einen standardisierten und rechtssicheren Umgang mit Arbeitsunfällen lassen sich nicht nur gesetzliche Vorgaben einhalten, sondern auch Reputationsschäden und weitere Risiken für das Unternehmen vermeiden.
Arbeitsunfall und Versicherungsleistungen: Wie ist der Ablauf für Unternehmen und Mitarbeitende?
Kommt es zu einem Arbeitsunfall, tritt die gesetzliche Unfallversicherung als leistungsgewährende Instanz ein und übernimmt – je nach Schwere des Unfalls – eine Vielzahl von Leistungen. Für Unternehmen und HR-Abteilungen liegt die Herausforderung darin, den Ablauf korrekt zu steuern und die Interessen beider Seiten sicherzustellen. Nach der Meldung des Arbeitsunfalls prüft die zuständige Berufsgenossenschaft die Anspruchsvoraussetzungen und entscheidet über den Umfang der Leistungen.
Zu den wichtigsten Leistungsarten zählen:
- Übernahme der Kosten für Heilbehandlung und Rehabilitation
- Zahlung von Verletztengeld ab dem 4. Tag der Arbeitsunfähigkeit (analog zum Krankengeld)
- Leistungen zur medizinischen und beruflichen Reha (z. B. Umschulungen)
- Rentenleistungen im Fall von dauerhafter Erwerbsminderung
- Hinterbliebenenrenten im Todesfall
Für Unternehmen ergeben sich folgende Handlungsfelder:
- Unterstützung der betroffenen Person bei der Kommunikation mit den Leistungsträgern
- Dokumentation aller zur Anerkennung des Arbeitsunfalls relevanten Informationen
- Einhaltung der arbeitsrechtlichen Vorgaben hinsichtlich Entgeltfortzahlung, Arbeitsplatzsicherheit und ggf. Rückkehrmanagement
Eine strukturierte interne Prozessgestaltung sowie eine enge Zusammenarbeit mit der Berufsgenossenschaft erleichtern die Bearbeitung und verhindern Reibungsverluste.
Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über typische Abläufe nach Eintritt eines Arbeitsunfalls:
| Schritt im Prozess | Verantwortliche Stelle | Frist | Hinweise zur Umsetzung |
|---|---|---|---|
| Erste-Hilfe-Leistung | Ersthelfende Mitarbeitende | Sofort | Schulungsvorgaben & Ausrüstung beachten |
| Meldung an BG/Unfallkasse | HR / Versicherungsbeauftragte | Spätestens binnen 3 Tagen | Elektronisches Meldeformular nutzen |
| Unfallprotokoll anfertigen | HR / Führungskraft | Sofort nach Unfall | Genaue Angaben, ggf. Zeugen beiziehen |
| Information des Betriebsrats | HR | Unmittelbar nach Unfall | Pflicht bei bestimmten Unfällen |
| Rückkehrgespräch organisieren | HR / Führungskraft | Nach Wiedereintritt | Ziel: Integration & Prävention |
Präventive Maßnahmen: Wie lässt sich das Risiko von Arbeitsunfällen wirksam senken?
Die Prävention von Arbeitsunfällen ist nicht nur aus rechtlicher Sicht verpflichtend, sondern entscheidend für die betriebliche Gesundheit und Wirtschaftlichkeit. Unternehmen stehen in der Verantwortung, ein umfassendes Arbeitsschutzmanagementsystem zu etablieren, das potenzielle Risiken frühzeitig erkennt und minimiert.
Praktische Handlungsempfehlungen umfassen:
Regelmäßige Schulungen zur Arbeitssicherheit:
Regelmäßige Unterweisungen und Schulungen zur Arbeitssicherheit, angepasst an Tätigkeitsprofil und Gefährdungslage.
Implementierung eines Meldesystems für Unfälle und Beinahe-Unfälle:
Implementieren eines strukturierten Meldesystems für Unfälle und Beinahe-Unfälle.
Sicherheitsbeauftragte und Ersthelfer in allen Bereichen:
Einrichtung von Sicherheitsbeauftragten und Ersthelfenden in allen Betriebsbereichen.
Wartung und Prüfung von Maschinen und Arbeitsmitteln:
Permanente Wartung und Prüfung von Maschinen und Arbeitsmitteln.
Notfall- und Evakuierungspläne:
Entwicklung von Notfall- und Evakuierungsplänen.
Analyse und Nachverfolgung von Vorfällen:
Analyse und Nachverfolgung aller Vorfälle zur kontinuierlichen Verbesserung der Arbeitssicherheit.
Verfügbarkeit und Kontrolle der persönlichen Schutzausrüstung:
Verfügbarkeit und Kontrolle persönlicher Schutzausrüstung für alle Mitarbeitenden.
Bereitstellung und Instandhaltung von PSA:
Bereitstellung und Instandhaltung persönlicher Schutzausrüstung (PSA) sowie sicherer Arbeitsmittel.
Gefährdungsbeurteilungen und Schutzmaßnahmen:
Durchführung von Gefährdungsbeurteilungen gemäß Arbeitsschutzgesetz und Ermittlung geeigneter Schutzmaßnahmen.
Aufbau einer Berichtskultur:
Aufbau einer Berichtskultur ohne Angst vor Sanktionen, um „Beinahe-Unfälle“ systematisch zu erfassen und auszuwerten.
Förderung des Austauschs über Arbeitssicherheit:
Förderung eines offenen Austauschs über sicherheitsrelevante Themen zwischen Mitarbeitenden, Führungskräften und dem Arbeitsschutzbeauftragten.
Nutzung digitaler Tools zur Dokumentation:
Nutzung von digitalen Tools zur Dokumentation von Vorfällen, Melde- und Berichtswesen.
Unternehmen, die gezielt in den Arbeitsschutz investieren, profitieren nicht nur von weniger Ausfallzeiten und geringeren Versicherungsprämien, sondern stärken auch die Arbeitgeberattraktivität. Der Aufbau und Erhalt einer vorbeugenden Sicherheitskultur zahlt sich langfristig aus – rechtlich wie wirtschaftlich.
Vorteile und Nachteile einer konsequenten Arbeitsunfallprävention im Unternehmen
Die konsequente Umsetzung betrieblicher Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung von Arbeitsunfällen bringt für Unternehmen zahlreiche Vorteile mit sich, ist jedoch auch mit spezifischen Herausforderungen verbunden.
Die folgende Tabelle gibt einen kompakten Überblick über die wichtigsten Vor- und Nachteile:
| Vorteile | Nachteile |
|---|---|
|
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In der Summe überwiegen jedoch die langfristigen Vorteile einer vorausschauenden Präventionsstrategie, insbesondere im Hinblick auf die wirtschaftliche Stabilität und die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens.
Arbeitsunfall: Arbeitsrechtliche Besonderheiten und Compliance-Risiken für Unternehmen
Im Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall ergeben sich für Unternehmen und HR-Abteilungen eine Vielzahl arbeitsrechtlicher Pflichten, deren Nichtbeachtung erhebliche juristische Folgen nach sich ziehen kann.
Insbesondere sind folgende arbeitsrechtliche Aspekte zwingend zu beachten:
- Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (§ 618 BGB, § 3 ArbSchG): Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten am Arbeitsplatz zu sorgen. Die Fürsorge erstreckt sich auf die Verhinderung von Arbeitsunfällen und die korrekte Nachsorge im Schadensfall.
- Beteiligung des Betriebsrats (§§ 87, 89 BetrVG): Bei der Organisation von Arbeitsschutz und Unfallprävention ist der Betriebsrat aktiv einzubinden. Dieser hat ein Mitbestimmungsrecht bei allen Maßnahmen, die dem Gesundheitsschutz dienen, und ist im Ereignisfall zu informieren.
- Dokumentationspflichten (§ 6 ArbSchG, § 193 SGB VII): Nach jedem meldepflichtigen Arbeitsunfall müssen alle relevanten Details dokumentiert und aufbewahrt werden. Diese Schriftstücke sind im Streitfall vorlegbar und dienen der Nachweissicherung im Rahmen von Prüfungen durch Aufsichtsbehörden oder Gerichte.
- Diskriminierungsverbot im Nachgang: Nach einem Arbeitsunfall dürfen betroffene Mitarbeitende nicht benachteiligt oder diskriminiert werden, etwa durch Nachteilsausgleiche oder Versagung von Wiedereingliederungsmaßnahmen (§ 1 AGG).
Unternehmen sind verpflichtet, die Einhaltung all dieser arbeitsrechtlichen Vorgaben in ihre Compliance-Strukturen und internen Richtlinien zu integrieren. Verstöße können nicht nur behördliche Bußgelder, sondern auch Schadensersatzforderungen durch Mitarbeitende nach sich ziehen. Durch die Schaffung klarer Verantwortlichkeiten und Abläufe – von der Unfallaufnahme bis zur Rückkehr an den Arbeitsplatz – kann das Risiko rechtlicher Auseinandersetzungen wirksam reduziert werden. HR-Professionals sollten daher Arbeitsunfälle ganzheitlich betrachten: Als sozial- und versicherungsrechtliches Thema, vor allem aber als arbeitsrechtlich relevantes Ereignis mit weitreichenden Pflichten für Arbeitgeber und Führungskräfte.
Schritt-für-Schritt-Anleitung: So setzen Unternehmen die Vorgaben bei Arbeitsunfällen rechtssicher um
Die strukturierte Umsetzung der arbeitsrechtlichen Vorgaben im Zusammenhang mit Arbeitsunfällen ist ein zentrales Element zur Sicherstellung von Compliance und zur Risikominimierung im Unternehmen.
Um Verantwortlichen im HR- und Managementbereich eine praxisnahe Orientierung zu bieten, empfiehlt sich das konsequente Befolgen folgender Schritte:
1. Unfallmeldung aufnehmen:
Direkt nach Kenntnisnahme eines Unfalls sollte der Vorfall unverzüglich intern erfasst und die betroffene Person medizinisch versorgt werden.
2. Erste Hilfe organisieren und dokumentieren:
Stellen Sie sicher, dass Ersthelfende einsatzbereit sind und jede Sofortmaßnahme nachvollziehbar dokumentiert wird.
3. Unfallhergang detailliert protokollieren:
Erfassen Sie Ort, Zeit, beteiligte Personen sowie eventuelle Ursachen und Zeuginnen bzw. Zeugen. Diese Informationen sind essenziell für spätere Nachweise gegenüber der Berufsgenossenschaft.
4. Elektronische Meldung an die Berufsgenossenschaft (BG) innerhalb der Frist:
Nutzen Sie die vorgeschriebenen digitalen Formulare und achten Sie darauf, die drei-Tage-Frist aus § 193 SGB VII strikt einzuhalten.
5. Interne Kommunikation und Information:
Informieren Sie relevante interne Stellen wie die Geschäftsführung, den Betriebsrat und die Arbeitsschutzverantwortlichen, um Transparenz zu gewährleisten und Folgeprozesse anzustoßen.
6. Nachbearbeitung und Analyse:
Überprüfen Sie im Nachgang die Unfallursachen, um systematische Schwachstellen zu identifizieren, und leiten Sie gezielte Präventionsmaßnahmen ein.
7. Unterstützungsangebote bereitstellen:
Bieten Sie Betroffenen kurzfristig medizinische, psychologische und organisatorische Unterstützung an – inklusive Rückkehrgesprächen zur nachhaltigen Wiedereingliederung.
8. Dokumentation sichern:
Bewahren Sie sämtliche Unterlagen und Protokolle zum Vorfall revisionssicher und nachvollziehbar auf, um bei Nachfragen oder Prüfungen vorbereitet zu sein.
Durch die systematische Beachtung dieser Schritte gewährleisten Unternehmen nicht nur die Einhaltung aller gesetzlichen Pflichten, sondern fördern zudem eine transparente Sicherheits- und Vertrauenskultur im betrieblichen Alltag.
Tipps & Tricks: Arbeitsunfälle im Unternehmen souverän managen
Neben den gesetzlichen Pflichten und bewährten Präventionsmaßnahmen können HR-Professionals und Führungskräfte durch den gezielten Einsatz von Best Practices den Umgang mit Arbeitsunfällen deutlich effizienter und sicherer gestalten.
Im Folgenden einige praxisorientierte Tipps & Tricks, die sich in vielen Unternehmen bewährt haben:
- Digitale Melde-Tools nutzen: Setzen Sie auf elektronische Systeme zur Erfassung und Meldung von Unfällen, um Dokumentationspflichten schnell und vollständig zu erfüllen.
- Wissensdatenbank pflegen: Sammeln Sie typische Fallbeispiele, Handlungsmuster sowie interne Checklisten an einem zentralen Ort, um bei Bedarf schnell reagieren zu können.
- Routinemäßige Notfallübungen: Führen Sie mindestens einmal jährlich realistische Unfall- und Evakuierungsübungen durch, um den Ernstfall zu proben und Unsicherheiten im Ablauf zu minimieren.
- Feedback-Runden nach Vorfällen: Nach jedem gemeldeten Arbeitsunfall empfiehlt sich eine strukturierte Nachbesprechung im Team, um aus Erfahrungen gemeinschaftlich zu lernen und Schwachstellen im System aufzudecken.
- Kommunikationswege klar halten: Definieren Sie feste Ansprechpartner*innen und jederzeit erreichbare Kanäle, über die Unfälle, Beinahe-Unfälle oder potenzielle Gefährdungen umgehend gemeldet werden können.
- Betriebsarzt einbinden: Ziehen Sie möglichst frühzeitig den Betriebsarzt hinzu, um medizinische und präventive Maßnahmen optimal zu steuern.
Mit diesen Tipps positionieren Sie Ihr Unternehmen organisatorisch und kulturell bestmöglich, um Risiken zeitnah abzufedern und ein nachhaltig sicheres Arbeitsumfeld zu schaffen.
Fazit
Arbeitsunfälle sind im unternehmerischen Alltag eine komplexe Herausforderung, die sowohl arbeitsrechtliche als auch organisatorische Kompetenz erfordern. Eine rechtssichere Handhabung von Arbeitsunfällen – von der schnellen Erste-Hilfe-Leistung über die vollständige Dokumentation und fristgerechte Meldung bis hin zur nachhaltigen Prävention – ist für Unternehmen essenziell, um Compliance-Risiken und finanzielle Belastungen zu vermeiden. Zentral ist dabei die konsequente Einbindung aller relevanten Akteur*innen – von Führungskräften, HR bis hin zum Arbeitsschutzbeauftragten und Betriebsrat.
Durch standardisierte Prozesse und regelmäßige Schulungen schaffen Unternehmen ein sichereres Arbeitsumfeld, erhöhen die Motivation der Beschäftigten und steigern langfristig ihre Arbeitgeberattraktivität. Unternehmen jeder Größe sind gut beraten, Prävention, Reaktion und Nachsorge als festen Bestandteil ihres betrieblichen Gesundheitsmanagements und ihrer Compliance-Struktur zu verankern. Letztlich zahlen sich Investitionen in den Arbeitsschutz nicht nur juristisch und finanziell, sondern auch unternehmenskulturell nachhaltig aus.
Häufig gestellte Fragen auf einen Blick (FAQ)
Was ist ein Arbeitsunfall im Kontext des betrieblichen Alltags?
Ein Arbeitsunfall resultiert aus einem Unfall während der Arbeitszeit oder auf dem direkten Weg zur oder von der Arbeitsstätte, der zu einer Gesundheitsschädigung oder zum Tod führt, wobei Abgrenzungen zu Berufskrankheiten zu beachten sind.
Welche Meldepflichten bestehen für Unternehmen bei Arbeitsunfällen?
Unternehmen sind verpflichtet, Arbeitsunfälle, die zu mehr als drei Kalendertagen Arbeitsunfähigkeit oder zum Tod führen, innerhalb von drei Tagen der zuständigen Berufsgenossenschaft zu melden, um Sanktionen zu vermeiden.
Wie wird der Prozess nach einem Arbeitsunfall in Unternehmen gehandhabt?
Nach dem Eintritt eines Arbeitsunfalls prüft die Berufsgenossenschaft die Anspruchsvoraussetzungen und entscheidet über den Umfang der Versicherungsleistungen, während Unternehmen unterstützend agieren und relevante Informationen dokumentieren müssen.
Welche Maßnahmen tragen zur Prävention von Arbeitsunfällen bei?
Regelmäßige Sicherheitsunterweisungen, die Bereitstellung von persönlicher Schutzausrüstung, Gefährdungsbeurteilungen und eine Kultur der offenen Kommunikation über Sicherheitsthemen sind essentiell, um das Risiko von Arbeitsunfällen zu minimieren.
Was umfassen die Pflichten des Arbeitgebers nach einem Arbeitsunfall?
Zu den Arbeitgeberpflichten gehören die umgehende medizinische Versorgung des Verletzten, die Dokumentation des Unfallhergangs, die Meldung des Vorfalls bei der Berufsgenossenschaft und die Einleitung von Maßnahmen zur Unfallvermeidung.
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