Nela Softic-Rehm

Nela Softic-Rehm

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30. August 2024


Die Wachstumsinitiative – neue wirtschaftliche Dynamik für Deutschland der BRD im Juli 2024

Die Wachstumsinitiative – neue wirtschaftliche Dynamik für Deutschland der BRD im Juli 2024

Im Juli 2024 hat die Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland mit der Wachstumsinitiative einen umfassenden Maßnahmenkatalog zur Modernisierung Deutschlands vorgestellt. Die Wachstumsinitiative soll in bestimmten Bereichen beschlossene Richtungen vorgeben und damit geplante und beabsichtigte Änderungen tragen. Nicht unerheblich sind dabei die Planungen hinsichtlich  einiger Teilbereiche im Arbeitsrecht und eine wohl gezielte, man könnte sagen, „Neuausrichtung“ der Fachkräfteeinwanderung. Die Initiative zielt augenscheinlich darauf ab, den Arbeitsmarkt zu modernisieren, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und Deutschland als attraktive(re)n Standort für internationale Fachkräfte zu positionieren. Einige der Maßnahmen stellen wir vor.

Flexibilisierung der Arbeitszeiten/ Schaffung von Anreizen zur Mehrarbeit

Ein für uns alle relevanter Schritt ist die geplante Reform bei der „deutschen“ Arbeitszeit.

Unternehmen sollen ihren Mitarbeitenden eine breite Palette an flexiblen Arbeitszeitmodellen anbieten dürfen. Was genau das beinhaltet bleibt vorerst unklar. Ausdrücklich und wichtig scheint der Bundesregierung aber zu sein, dass Vertrauensarbeitszeit auch weiterhin möglich bleiben soll.

So heißt es beispielsweise:

  • Mehrarbeit, die über die tarifliche Vollarbeitszeit hinausgeht, soll steuer- und beitragsfrei gestellt werden.
  • Es sollen Anreize zur Ausweitung der Teilzeittätigkeit geschaffen werden. Sollten Arbeitgeber Prämien (?) zur Ausweitung von Teilzeittätigkeit anbiete, so soll dies steuerlich begünstigt werden.
  • Die Bundesregierung will eine begrenzte Möglichkeit zur Abweichung von den derzeit bestehenden Regelungen des Arbeitszeitgesetzes hinsichtlich der Tageshöchstarbeitszeit schaffen, wenn Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen auf Grund von Tarifverträgen dies vorsehen. Die Regelung wird befristet und evaluiert.
  • Die Bundesregierung sieht darüber hinaus im erhöhten Krankenstand eine defizitäre Nutzung des Arbeitsmarktpotenzials. Sie möchte daher und in diesem Zusammenhang ist es wohl zu lesen, die zu Zeiten der Corona-Pandemie geschaffenen Sonderregelungen zur telefonischen Krankschreibung überprüfen und ggf. mittels einer „bürokratiearmen“ Lösung anpassen.

Frauenerwerbstätigkeit soll gestärkt werden:

Gesehen hat die Bundesregierung die Notwendigkeit der Schaffung einer besseren Betreuungsinfrastruktur für Familien, wenn die Frauen ebenfalls berufstätig sind. Mit dem KiTa-Qualitätsgesetz 2 will der Bund auch einen Beitrag zur Angleichung der Qualitätsniveaus in der frühkindlichen Bildung leisten.

Zudem ist beabsichtigt das Lohnsteuerklassensystem bei den Kombinationen der Steuerklasse III/ IV in das sog. Faktorverfahren der Steuerklasse IV überzuleiten. Eine Umsetzung soll nach gemeinsamer Prüfung mit den Ländern früher als bisher geplant (2030) erfolgen.

Die Beschäftigung Älterer soll attraktiver werden

Die Beschäftigung im Rentenalter soll zudem erleichtert werden.

Um der in vielen Arbeitsverträgen enthaltenen automatischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen der Regelaltersgrenze zu begegnen, wird sie für diese Gruppe das sog. Vorbeschäftigungsverbot abschaffen. Beim Vorbeschäftigungsverbot handelt es sich im kern um das Thema dass nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG jegliche Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber schädlich ist und dies gleichgültig, in welcher Form diese bestand oder wie lange diese bereits zurückliegt, was im Ergebnis zur Problematik führt, dass Menschen, die bei einem Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis wegen Renteneintritts scheiden, bei diesem nicht befristet weiter beschäftig werden können.

Hierzu will die Bundesregierung im SGB VI u.a. eine Ausnahme vom Vorbeschäftigungsverbot schaffen, nämlich dann

wenn der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Altersrente hat und die sachgrundlose Befristung die Gesamtdauer von acht Jahren oder die Anzahl von 12 Vertragsbefristungen nicht übersteigt.

Auch für Beamte wird die Bundesregierung eine wirkungsgleiche Regelung anstreben.

Zudem sollen bei einer Beschäftigung nach Erreichen der Regelaltersgrenze der  Arbeitgeberbeitrag

zur Arbeitslosenversicherung gestrichen werden und dieser soll an den Arbeitnehmer ausgezahlt werden

Gleiches soll mit dem Rentenversicherungsbeitrag geschehen, wenn der Arbeitnehmer sich gegen freiwillige Beiträge in die Rentenversicherung entscheidet.

Neben der Möglichkeit, monatliche Zuschläge auf die künftige Rente für das Aufschieben des Renteneintritts zu bekommen, werden sich Arbeitnehmer zukünftig auch für eine sog. Rentenaufschubprämie entscheiden können. Dabei erhält der Arbeitnehmer eine Einmalzahlung in Höhe der entgangenen Rentenzahlung. Darüber hinaus erhält der Arbeitnehmer auch den seitens der Rentenversicherung eingesparten Beitrag zur Krankenversicherung. Diese Rentenaufschubprämie soll zudem abgabenfrei sein.

Fachkräfteeinwanderung als integraler Bestandteil

Neben den arbeitsrechtlichen Neuerungen spielt die Fachkräfteeinwanderung eine zentrale Rolle in der Wachstumsinitiative. Die Reformen sind darauf ausgerichtet, Deutschland als Ziel für hochqualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland zu positionieren. Durch die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die Einführung flexibler Arbeitszeiten und die Förderung von Weiterbildung wird Deutschland als ein modernes und attraktives Arbeitsumfeld präsentiert. Dies ist besonders relevant angesichts des globalen Wettbewerbs um talentierte Fachkräfte, die zunehmend nach Ländern suchen, die sowohl berufliche Chancen als auch eine hohe Lebensqualität bieten. Als wesentliches Instrument dafür erachtet die Bundesregierung den Abbau von bürokratischen Hürden. So soll die Bindungsfrist der Bundesagentur für Arbeit für die Vorabzustimmung verlängert werden, um eine etwaig notwendige erneute Zustimmung nach 6 Monaten zu vermeiden.

Due Einwanderung ausländischer Arbeitnehmer über eine Zeitarbeit soll erlaubt werden, sofern der equal-pay Grundsatz eingehalten wird und die Beschäftigung mindestens 12 Monate dauert. Die Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes soll ebenfalls beschleunigt werden.

Steuerbegünstigung für ausländische Fachkräfte

Um Deutschland attraktiver für ausländische Fachkräfte zu machen, wird die Bundesregierung zusätzlich steuerliche Anreize für die Arbeitsaufnahme in Deutschland einführen. Dazu haben neu zugewanderte Fachkräfte in den ersten drei Jahren die Möglichkeit 30, 20 und 10 Prozent vom Bruttolohn steuerfrei stellen.

Arbeitsaufnahme Geflüchteter soll erleichtert werden

Geplant ist weiter die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten zu verbessern, indem bei der  Beschäftigungserlaubnis der Ausländerbehörde eine Genehmigungsfiktion eingeführt wird. Die Erlaubnis gilt dabei dann als erteilt, wenn die Ausländerbehörde nach Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit dem Antragsteller innerhalb von zwei Wochen nichts Abweichendes mitteilt.

Ausweitung der Risk-Taker Regelung auch auf andere Institutionen

Die Bundesregierung wird den Kündigungsschutz für Bezieher sehr hoher Einkommen im Finanzsektor lockern, indem die gegenwärtigen Regelungen für Risk-Taker in systemrelevanten Banken (siehe InstitutsVergV) auch auf nicht-systemrelevante Banken, Versicherungen, Wertpapierinstitute und Kapitalanlagegesellschafen ausgeweitet werden. Sie sollen beim Kündigungsschutz den leitenden Angestellten angeglichen werden. Dadurch will die Bundesregierung den deutschen Finanzstandort im Wettbewerb mit anderen europäischen Finanzplätzen stärken, die solche Beschränkungen nicht kennen.

Nun denn: Einiges liest sich fast schon revolutionär, wieder anderes mag man als überfällig betrachten. Wie hingegen die geplanten Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden und, ob sie die geplanten Versprechungen dann auch halten, wird sich zeigen. Insgesamt liest sich das Maßnahmepapier gerade bei der Stärkung der Frauenerwerbstätigkeit etwas dünn und es scheint beim Lesen des Papiers, dass man bei der geplanten Stärkung und Modernisierung des Wirtschaftsstandortes Deutschland aber einen wichtigen anderen Part – die arbeitgebenden Unternehmen – etwas vergessen hat.

Nela Softic-Rehm

#arbeitsrecht

  • Gerold Koerner

    I like your blog:)

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  • Nela

    Thank you very much! 🎈

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