Markus Steinberger

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4. Oktober 2023


Arbeitszeiterfassung – Welche Pflichten haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Arbeitszeiterfassung – Welche Pflichten haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Im September 2022 fällt das Bundesarbeitsgericht ein Grundsatzurteil zur Erfassung von Arbeitszeiten und beruft sich dabei auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2019. Seit April 2023 gibt es einen Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, in dem erste Regelungen festgehalten wurden. Am 9.10.2023 befasste sich der Bundestag, nach Anträgen mehrerer Fraktionen mit dem Gesetzentwurf. Arbeitgeberverbände vertraten die Notwendigkeit von Spielräumen und Flexibilität, während Arbeitnehmerverbände für feste Regelungen und tagesgenaue Aufzeichnungen eintraten.

Der endgültige Gesetzesentwurf steht noch aus, dennoch lassen sich schon aus den vorliegenden Entscheiden klare Aufgaben und Pflichten für Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen herauslesen.

Wie es aktuell aussieht werden alle ca. 38 Millionen Arbeitnehmer:innen, egal in welcher Funktion, gesetzlich verpflichtet die tägliche Arbeitszeit nachvollziehbar und fälschungssicher festzuhalten. Als Folge werden Unternehmen sich um eine neue Lösung für die Zeiterfassung kümmern müssen, denn noch Anfang 2023 ging aus einer Umfrage von tisoware von über 1000 Arbeitnehmer:innen aus dem Mittelstand hervor, dass zwar über die Hälfte der Befragten über die anstehenden Gesetzesänderungen Bescheid wissen, aber noch ca. 61% der Unternehmen die Arbeitszeiten in Excel Tabellen (12%) , Stempeluhren (24%) oder auf Papier (25%) festhalten. Da diese Systeme nicht immer gut nachvollziehbar sind und nur bedingt vor Fälschungen schützen können sollte für alle Unternehmen eine digitale Lösung die richtige Wahl sein. Für viele, gerade mittelständische Unternehmen, könnte dies der erste Schritt zu einer Digitalisierung von HR Prozessen werden.

Ziele der Arbeitszeiterfassungsplicht

Als Hauptgrund für die Einführung des Gesetztes gilt der Schutz der Arbeitnehmer:innen, wie auch von Arbeitnehmerverbänden im  Bundestag gefordert. Es soll sowohl vor Fremdausbeutung durch zu lange (unbezahlte) Arbeitszeiten geschützt werden und gleichzeitig auch vor Selbstausbeutung schützen, indem individuelle Arbeitszeiten und auch Überstunden transparent eingetragen werden. Noch 2021 haben laut dem Statistischen Bundesamt im Schnitt 4,5 Millionen Menschen (12%) mehr Stunden gearbeitet, als vertraglich festgehalten und davon haben mehr als 20% unbezahlte Überstunden geleistet. Die Arbeitszeiterfassung dient auch Arbeitgeber:innen, um sicherzustellen, dass die vereinbarten Stunden abgeleistet werden. Sollten gleichzeitig auch Zeiten auf Projekten erfasst werden ergeben sich daraus interessante Analysemöglichkeiten bezüglich der Ressourcenplanung. Bei 34% der befragten mittelständischen Arbeitnehmer:innen beseht dabei die Sorge zum „gläsernen Arbeitnehmer“ zu werden. Es ist also bei der Einführung von Seiten der Arbeitgeber:in auch sicherzustellen, dass alle Beschäftigten über die Vorteile aufgeklärt werden, die sich daraus ergeben.

Was muss bei der Einführung der Arbeitszeiterfassung beachtet werden?

Die Einführung neuer (digitaler) Systeme ist immer mit etwas bürokratischen Aufwand verbunden, aber dieser hält sich bei der Einführung eines Arbeitszeiterfassungssystems in Grenzen. Durch existierende und etablierte Software- oder Cloud Lösungen lassen sich die individuellen Anforderungen aller Unternehmen schnell und, im Hinblick auf die aktuellen Entwürfe des Bundesministeriums, auch rechtskonform umsetzen. Es gibt vor der Einführung einige Stichpunkte, die es zu beachten gibt und, die unter Umständen bei der Entscheidung für das passende System oder Softwareanbieter helfen können.

Flexibilität bei der Zeiterfassung: Hybrid Work, Home Office und Mobilität der Arbeitnehmer:innen stellen eine neue Herausforderung für die systematische Zeiterfassung. Moderne Systeme erlauben den Mitarbeiter:innen, ihre Arbeitsstunden über diverse Plattformen wie Terminal, Web, App, Telefon oder Desktop zu dokumentieren, unabhängig von ihrem Standort.

Gesetzeskonforme Arbeitszeiterfassung: Unternehmen wird geraten, ein System zu wählen, das gesetzliche Vorgaben zu Überstunden und Pausenregelungen berücksichtigt. Durch automatisierte Warnungen und benutzerdefinierte Workflows wird die Übersichtlichkeit gesteigert, und Mitarbeiter:innen werden bei Bedarf an notwendige Anpassungen erinnert. Dadurch werden sowohl Arbeitgeber:innen als auch Arbeitnehmer:innen geschützt, da transparent ist wie viel Stunden gearbeitet wird und gegebenenfalls auch auf die Anzahl der gearbeiteten Überstunden aufmerksam gemacht wird.

Digitalisierung von Abwesenheitsprozessen: Ein modernes Zeiterfassungssystem sollte einen integrierten Prozess für Urlaubsanträge, Dienstreisen und Fehlzeiten besitzen. So können Nachweise mit einem Klick generiert und HR-Prozesse durch digitale Abläufe optimiert werden. Außerdem werden so alle für die Arbeitszeiterfassung relevanten Themen zentral erfasst und Fehler und Unklarheiten werden vermieden.

Nachträgliche Arbeitszeitkorrekturen: Es sollte möglich sein, Arbeitszeiten im Nachhinein zu erfassen und bei Bedarf An- und Abwesenheiten zu überprüfen und zu korrigieren. Diese Funktion könnte unter die Forderungen der Arbeitgeberverbände fallen, sollte aber nur als Ausnahme genutzt werden.

Berichtsfunktionen in Zeiterfassungssystemen: Systeme sollten umfangreiche Berichtsoptionen bieten, um schnell Unstimmigkeiten bei Arbeitszeiten oder Pausenverstößen zu identifizieren. Die automatisierte Analyse dieser Daten sorgt für Transparenz sowohl für Arbeitgeber:innen als auch für  Arbeitnehmer:innen.

Projektbezogene Zeiterfassung: Mitarbeiter:innen, die an speziellen Projekten oder für verschiedene Kostenstellen tätig sind, sollten ihre Arbeitsstunden entsprechend zuweisen können. Grafische Dashboards erleichtern dabei die Übersicht und fördern ein effektives Projektmanagement.

Integration der Zeiterfassung: Optimalerweise wird das Zeiterfassungstool in die vorhandene IT-Landschaft eingebettet, sei es durch eine Verbindung zum ERP-System oder als integraler Bestandteil davon. Bei einer integrierten ERP-Lösung werden manuelle Datenübertragungen vermieden, was den Prozess vereinfacht und zusätzlichen Verwaltungsaufwand reduziert.

Markus Steinberger4. Oktober 202366 Views |0 comments

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