Arbeitsrechthaberei Team

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2. August 2024


Zeiterfassung: Pflichten in Deutschland und digitale Erfassung

Zeiterfassung: Pflichten in Deutschland und digitale Erfassung

Die Zeiterfassung dient nicht nur der Dokumentation der Arbeitszeiten, sondern auch der Optimierung von Arbeitsprozessen und der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben. In diesem Artikel klären wir die wichtigsten Fragen rund um das Thema Zeiterfassung und gehen dabei auch auf digitale Lösungen ein.

Aktuelle Entwicklungen und rechtliche Grundlagen

Im September 2022 fällte das Bundesarbeitsgericht ein Grundsatzurteil zur Arbeitszeiterfassung, das sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs von 2019 stützt. Seit April 2023 liegt ein Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vor, der erste Regelungen enthält. Am 9. Oktober 2023 befasste sich der Bundestag mit dem Gesetzentwurf, wobei Arbeitgeberverbände Flexibilität forderten und Arbeitnehmerverbände für feste Regelungen plädierten.

In seinem Beschluss vom 13. September 2022 (Az. 1 ABR 22/21) hat das BAG festgestellt, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, ein System zur Zeiterfassung einzuführen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat daraufhin am 18. April 2023 einen Referentenentwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes vorgelegt, der es bislang nicht ins Gesetzgebungsverfahren geschafft hat.

Obwohl der endgültige Gesetzesentwurf noch aussteht, zeichnen sich bereits klare Pflichten für Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen ab. Fest steht, dass Arbeitszeiterfassung für Deutschlands Unternehmen, Büros und Verwaltungen Pflicht ist.

Das „Ob“ ist demnach geklärt, offen ist noch das „Wie“.

Wann brauche ich Zeiterfassung?

Zeiterfassung ist nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, sondern auch in anderen Bereichen der Arbeitswelt unverzichtbar:
Gesetzliche Anforderungen:

In Deutschland schreibt das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) die Erfassung der Arbeitszeiten vor, um sicherzustellen, dass die gesetzlichen Höchstarbeitszeiten nicht überschritten werden. Mehr dazu erfahrt ihr auch hier.

Projektmanagement:

Für eine präzise Abrechnung und effizientes Projektmanagement ist die genaue Erfassung der aufgewendeten Arbeitszeit notwendig.

Produktivität:

Durch Zeiterfassung können Unternehmen Arbeitsprozesse analysieren und optimieren, um die Produktivität zu steigern.

Nachweispflicht:

In bestimmten Branchen, wie z.B. dem Baugewerbe, ist die Erfassung der Arbeitszeit für die Nachweispflicht gegenüber Auftraggebern und Behörden notwendig.

Wie erfasse ich die Zeit?

Die Erfassung der Arbeitszeit kann auf verschiedene Arten erfolgen:
Manuelle Zeiterfassung:

Hierbei notieren Mitarbeiter ihre Arbeitszeiten händisch, z.B. in einem Arbeitszeitbuch oder auf Formularen.

Stempelkarten:

Dies ist eine traditionelle Methode, bei der Mitarbeiter beim Kommen und Gehen ihre Arbeitszeit auf einer Stempelkarte festhalten.

Digitale Zeiterfassung:

Moderne Systeme erfassen die Arbeitszeit digital, oft in Echtzeit, und bieten viele zusätzliche Funktionen wie Auswertungen und Berichte.

Online Tools:

Es gibt auch hilfreiche Zeiterfassungs-Tools, welche online frei verfügbar sind.

Welche Arten der Zeiterfassung gibt es?

Die Zeiterfassung lässt sich in folgende Hauptkategorien unterteilen:
Stationäre Zeiterfassung:

Mitarbeiter stempeln sich an fest installierten Terminals ein und aus. Hierfür benötigt es Hardware (z.B. Terminals, Zeiterfassungskarten).

Mobile Zeiterfassung:

Besonders in Branchen mit Außendienst oder wechselnden Arbeitsorten nutzen Mitarbeiter mobile Endgeräte, um ihre Arbeitszeiten zu erfassen.

Webbasierte Zeiterfassung:

Diese Systeme funktionieren über das Internet und können von jedem internetfähigen Gerät aus genutzt werden.

Weitere rechtliche Grundlagen in Deutschland

In Deutschland gibt es verschiedene gesetzliche Vorschriften zur Zeiterfassung. Hier sind die wichtigsten, die rund um das Thema zu beachten sind:
Arbeitszeitgesetz (ArbZG):

Dieses Gesetz regelt die Höchstarbeitszeiten, Pausen und Ruhezeiten. Arbeitgeber sind verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiter zu erfassen und zu dokumentieren.

Mindestlohngesetz (MiLoG):

Arbeitgeber müssen die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter erfassen, um die Einhaltung des gesetzlichen Mindestlohns nachweisen zu können.

Datenschutz:

Bei der Erfassung und Speicherung von Arbeitszeiten müssen die Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) beachtet werden, um die personenbezogenen Daten der Mitarbeiter zu schützen.

Digitale Zeiterfassung: Lösungen und Anbieter

Die digitale Zeiterfassung bietet zahlreiche Vorteile, darunter eine höhere Genauigkeit, Zeitersparnis und die Möglichkeit, detaillierte Auswertungen zu erstellen.

Es gibt eine Vielzahl von Softwarelösungen, die auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Unternehmen zugeschnitten sind. Diese reichen von einfachen Apps bis hin zu komplexen Systemen, die in bestehende Unternehmenssoftware integriert werden können.

Dabei gibt es Anbieter, welche spezialisiert sind auf das Thema Zeiterfassung (Best of Breed Lösung) oder HR – Suite Anbieter, welche verschiedene Module und Tiefen der Zeiterfassung mitbringen.

Hier unterscheidet man oft zwischen folgenden Modulen:

  • Einfache Anwesenheiten (Kommen-Gehen, Pausen, …)
  • Abwesenheiten (Urlaub, Elternzeit, Krankheit, …)
  • Komplexere Zeiterfassung der Anwesenheit (Wegezeit, Nachtschichten, Sonn- & Feiertagsarbeit, …)
  • Schicht- und Personaleinsatzplanung

Beispiele für HR-Softwareanbieter in diesem Bereich sind ATOSS, GFOS, Clockodo, Shiftbase oder Papershift.

Hardwarelösungen: Neben Softwarelösungen bieten einige Anbieter auch spezielle Hardware wie Terminals und Lesegeräte für Chipkarten oder Fingerabdruckscanner an.

Wie finde ich den passenden Anbieter?

Bedarfsanalyse:

Bevor Sie sich für einen Anbieter entscheiden, sollten Sie Ihre Anforderungen genau analysieren. Überlegen Sie, welche Funktionen für Ihr Unternehmen wichtig sind und wie viele Mitarbeiter das System nutzen werden. Erstellen Sie am besten einen genauen Anforderungskatalog.

Vergleich von Anbietern:

Nutzen Sie die Chance und vergleichen Sie verschiedene Anbieter in Anbieterdemonstrationen. Lassen Sie den Anforderungskatalog von den Anbietern ausfüllen.

Testphasen:

Viele Anbieter bieten kostenlose Testphasen an, in denen Sie die Software ausprobieren können, bevor Sie sich endgültig entscheiden.

Anbindung an andere Systeme:

Zeiterfassungssyteme benötigen meistens eine Schnittstelle zum Abrechnungssystem und dem Stammdatensystem. Berücksichtigen Sie das in Ihrer Auswahl und Projektplanung.

Fazit: Zeiterfassung

Die Zeiterfassung ist ein wichtiger Bestandteil des Arbeitsalltags der meisten Unternehmen in Deutschland.

Die geplanten gesetzlichen Änderungen in Deutschland werden Unternehmen dazu zwingen, sich intensiv mit dem Thema Zeiterfassung auseinanderzusetzen. Die neuen Regelungen, die sich aus den aktuellen Gerichtsurteilen und Gesetzesentwürfen ergeben, verlangen eine präzise und fälschungssichere Erfassung der Arbeitszeiten. Unternehmen müssen daher auf moderne, digitale Systeme umsteigen, um den gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden und gleichzeitig die Effizienz und Transparenz ihrer Arbeitszeitdokumentation zu verbessern.

Durch die Digitalisierung der Zeiterfassung lassen sich Prozesse effizienter gestalten und gesetzliche Vorgaben leichter einhalten. Bei der Auswahl des passenden Anbieters sollten Sie Ihre individuellen Bedürfnisse berücksichtigen und verschiedene Lösungen testen, um die beste Entscheidung für Ihr Unternehmen zu treffen.

Häufig gestellte Fragen auf einen Blick (FAQ)

Was ist der Hauptvorteil der Zeiterfassung?

Der Hauptvorteil liegt in der Steigerung der Effizienz und Produktivität durch eine genauere Projektplanung und Ressourcenzuweisung. Außerdem wird sichergestellt, dass die gesetzlichen Anforderungen eingehalten werden.

Wie begegnet man Datenschutzbedenken bei der Zeiterfassung?

Unternehmen sollten transparente Richtlinien implementieren und sicherstellen, dass die Datenerfassung den gesetzlichen Anforderungen entspricht.

Können kleine Unternehmen von Zeiterfassungssystemen profitieren?

Ja, auch kleine Unternehmen können von den Einblicken in Arbeitszeiten und Produktivität profitieren, die Zeiterfassungssysteme bieten.

Wie wirkt sich die Zeiterfassung auf die Mitarbeitenden aus?

Die Wirkung kann variieren, aber eine transparente Implementierung und Kommunikation können die Akzeptanz fördern. Es hilft Mitarbeitenden Überstunden und Pausen im Blick zu behalten.

Was sind die zukünftigen Trends in der Zeiterfassung?

Zu den Trends gehören eine verstärkte Integration mit anderen Technologien, mobile Lösungen und ein Fokus auf Flexibilität und Work-Life-Balance.

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