Wann darf der Arbeitgeber dem Verlangen der Belegschaft auf Entlassung eines Arbeitnehmers nachgeben?

Wann darf der Arbeitgeber dem Verlangen der Belegschaft auf Entlassung eines Arbeitnehmers nachgeben?

LAG Niedersachsen v. 13.5.2025 – 10 SLa 687/24

Im Streitfall ging es um die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist. Das Arbeitsgericht (ArbG) gab der Klage des Arbeitnehmers statt und stellte fest, dass kein wichtiger Kündigungsgrund vorlag. Es seien keine Voraussetzungen für eine Druckkündigung erfüllt, weshalb die Kündigung nicht gerechtfertigt war. Das LAG Niedersachsen bestätigte diese Entscheidung und wies die Berufung der Arbeitgeberin zurück. Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Kernpunkte des Urteils:

  1. Druckkündigung und Fürsorgepflicht des Arbeitgebers:
    Eine Druckkündigung setzt voraus, dass der Arbeitgeber sich schützend vor den betroffenen Arbeitnehmer stellt und alles Zumutbare unternimmt, um die Belegschaft von ihrer Drohung abzubringen. Nur wenn nach solchen Bemühungen dennoch eine drohende Maßnahme wie ein Streik oder Massenkündigungen zu erheblichen wirtschaftlichen Schäden führen würde, könnte eine Kündigung gerechtfertigt sein. Eine solche Drucksituation war im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben.
  2. Fehlende Bemühungen des Arbeitgebers:
    Der Arbeitgeber hatte keine ausreichenden Maßnahmen unternommen, um das Problem zu lösen. Insbesondere gab es keinen Versuch einer innerbetrieblichen Mediation, um die Spannungen zu entschärfen. Die abgebrochene Mediation 2018 und das nicht weiterverfolgte Präventionsverfahren im Jahr 2019 wurden als unzureichend erachtet.
  3. Keine ausreichende Kommunikation:
    Der Arbeitgeber hatte es versäumt, der Belegschaft klarzumachen, dass die Kündigung des Arbeitnehmers nicht gerechtfertigt war. Der Arbeitgeber hatte nicht deutlich gemacht, dass diskriminierendes Verhalten nicht toleriert wird.
  4. Unverhältnismäßigkeit der Kündigung:
    Die Kündigung war unverhältnismäßig und nicht gerechtfertigt. Statt der Kündigung hätte es einer Abmahnung konkreter Vertragspflichtverletzungen bedurft. Die Kündigung war daher nicht gerechtfertigt und unverhältnismäßig.
  5. Auflösungsantrag der Arbeitgeberin:
    Der Auflösungsantrag der Arbeitgeberin war ebenfalls unbegründet. Ein solcher Antrag kann nur vom Arbeitnehmer gestellt werden, wenn eine außerordentliche Kündigung für unwirksam erklärt wird. Das gilt auch, wenn das Arbeitsverhältnis mit einer Auslauffrist beendet werden soll. Das Gericht lehnte die analoge Anwendung von § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG ab und stellte klar, dass der Auflösungsantrag ausschließlich des Arbeitnehmers zusteht.