Geschmackloser Scherz per WhatsApp

Geschmackloser Scherz per WhatsApp

LAG Schleswig-Holstein v. 19.8.2025 – 1 Sa 104/25

Ein geschmackloser Scherz unter Kollegen gefilmt im Dienstfahrzeug und in Uniform führte zur fristlosen Kündigung. Doch das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein erklärte diese für unwirksam. Der Fall zeigt: Auch bei vermeintlich klaren Pflichtverletzungen ist juristische Sorgfalt gefragt, insbesondere bei der Anhörung des Betriebsrats.

Ein Mitarbeiter der Werkfeuerwehr hatte im Juli 2024 während seiner Pause eine etwa zweiminütige „Traueransprache“ über einen lebenden Kollegen über den Außenlautsprecher eines Feuerwehrfahrzeugs gehalten in Uniform und mit Dienstwagen. Das Ganze ließ er filmen und stellte das Video noch am selben Tag in eine WhatsApp-Gruppe mit mehreren Kollegen, darunter auch der vermeintlich „verabschiedete“ Kollege.

Die Geschäftsführung erfuhr erst im Oktober von dem Vorfall. Eine interne Aufklärung wurde veranlasst. Der betroffene Kollege erklärte, er habe das Video als Scherz verstanden. Der Verfasser des Videos berief sich darauf, dass solche Späße in der Gruppe üblich seien. Dennoch folgte Ende Oktober die fristlose hilfsweise ordentliche Kündigung. Der Betriebsrat hatte zuvor widersprochen.

Die Entscheidung: Kündigung unwirksam

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein hielten die Kündigung für unwirksam. Das Video sei zwar geschmacklos und verletze die Rücksichtnahmepflicht (§ 241 Abs. 2 BGB), rechtfertige jedoch keine außerordentliche Kündigung. Entscheidende Faktoren:

  • Das Video wurde in der Pause aufgenommen. Eine Verletzung der Arbeitspflicht lag nicht vor.
  • Keine Außenwirkung: Das Video wurde nur intern in der WhatsApp-Gruppe geteilt.
  • Kein erheblicher Reputationsschaden: Auch wenn Uniform und Einsatzfahrzeug genutzt wurden, reichte dies im konkreten Fall nicht für eine Kündigung aus.

Arbeitgeber versäumt korrekte Betriebsratsanhörung

Ein weiterer Aspekt machte die Kündigung ebenfalls unwirksam: Die Arbeitgeberin hatte im Kündigungsschutzprozess zusätzlich vorgetragen, der Mitarbeiter habe das Fahrzeug für die Aufnahme in die Fahrzeughalle umgeparkt und damit die Einsatzbereitschaft der Feuerwehr gefährdet. Doch diesen Sachverhalt hatte sie dem Betriebsrat bei der Anhörung nicht mitgeteilt.

Wichtig: Auch wenn dem Betriebsrat einzelne Tatsachen bereits bekannt sind, müssen neue, selbständige Kündigungsgründe im Anhörungsverfahren ausdrücklich benannt werden (§ 102 BetrVG). Ein Nachschieben solcher Gründe im Prozess ist unzulässig, wenn sie nicht Teil der ursprünglichen Betriebsratsanhörung waren.

Fazit

Auch bei unangemessenem Verhalten reicht ein „unschöner“ Vorfall allein nicht automatisch für eine fristlose Kündigung aus. Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass sämtliche Kündigungsgründe korrekt und vollständig im Rahmen der Betriebsratsanhörung aufgeführt werden. Andernfalls scheitert die Kündigung an formalen Hürden – wie in diesem Fall.