Rückzahlungsklausel in Fortbildungsvertrag eines Brandmeisteranwärters unwirksam – LAG Köln zur unangemessenen Benachteiligung von Arbeitnehmern

Rückzahlungsklausel in Fortbildungsvertrag eines Brandmeisteranwärters unwirksam – LAG Köln zur unangemessenen Benachteiligung von Arbeitnehmern

LAG Köln v. 19.8.2025 – 7 SLa 647/24

Das Landesarbeitsgericht Köln hat entschieden, dass eine Rückzahlungsklausel in einem Fortbildungsvertrag, die die Rückerstattung der vollen Bruttovergütung während der Ausbildungszeit vorsieht, den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt und daher unwirksam ist. Es handelt sich damit um eine praxisrelevante Entscheidung zu den Grenzen zulässiger Rückzahlungsvereinbarungen.

Ein Brandmeisteranwärter hatte mit seinem Arbeitgeber – ursprünglich der E O GmbH – einen Arbeitsvertrag sowie eine Fortbildungsvereinbarung abgeschlossen. Die Ausbildung zum Brandmeister sollte 18 Monate dauern, in dieser Zeit erhielt der Anwärter regulär seine Vergütung. Vereinbart wurde, dass er die Fortbildungs- und Vergütungskosten anteilig zurückzahlen müsse, wenn er das Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Jahren nach Ausbildungsende beendet.

Im Januar 2024 kündigte der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis ordentlich, woraufhin der neue Arbeitgeber nach einem Betriebsübergang rund 70.000 € an Fortbildungskosten (inkl. Bruttovergütung) zurückforderte. Der Arbeitnehmer verweigerte die Zahlung, das Arbeitsgericht gab ihm recht, und das LAG bestätigte nun diese Entscheidung.

Das LAG Köln erklärte die Rückzahlungsklauseln sowohl für die Fortbildungskosten als auch für die während der Ausbildung gezahlte Vergütung für unwirksam. Maßgeblich war § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB wonach Vertragsklauseln unwirksam sind, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen.

Das Gericht führte mehrere Gründe an:

  1. Weite Auslegung des „Vertretenmüssens“ benachteiligt Arbeitnehmer
    Die Rückzahlungsklausel knüpfte an ein „Vertretenmüssen“ der Eigenkündigung an. Dieser Begriff kann so verstanden werden, dass bereits leichteste Fahrlässigkeit ausreicht, etwa ein selbst verschuldeter Unfall. Der Arbeitnehmer müsste dann auch bei dauerhafter Dienstunfähigkeit weiter beschäftigt bleiben oder hohe Rückzahlungen leisten. Das ist unzumutbar, vor allem in risikobehafteten Berufen wie dem Feuerwehrdienst.
  2. Vergütung für Ausbildung ist keine „Freistellung“
    Die Klägerin argumentierte, die während der Ausbildung gezahlte Vergütung sei eine „Freistellungsvergütung“. Das wies das Gericht deutlich zurück: Die Ausbildung selbst sei Arbeitsleistung im Sinne von § 611a BGB und damit regulär zu vergüten. Eine Rückzahlungspflicht für geleistete Arbeit sei mit dem Grundsatz des Synallagmas unvereinbar.
  3. Rückzahlungsverpflichtung wirtschaftlich unzumutbar
    Die Klausel sah die Rückzahlung von bis zu 70.000 € vor, das entspricht mehr als zwei Jahresgehältern eines Berufsanfängers im öffentlichen Dienst. Eine solche Belastung ist nach Ansicht des Gerichts wirtschaftlich ruinös und damit unzumutbar.

Das Urteil des LAG Köln stärkt die Rechte von Arbeitnehmern erheblich, insbesondere in sicherheitsrelevanten Berufen mit hohen körperlichen Anforderungen. Rückzahlungsklauseln in Fortbildungsvereinbarungen bleiben zwar grundsätzlich möglich sie müssen aber fair, transparent und zumutbar gestaltet sein. Insbesondere dürfen sie nicht zu einer faktischen Bindung führen, die den Arbeitnehmer selbst bei gesundheitlicher Untauglichkeit zwingt, im Arbeitsverhältnis zu verbleiben oder ruinöse Zahlungen zu leisten.

Zudem zeigt das Urteil, dass eine „versteckte“ Rückzahlungspflicht für gezahlte Vergütung etwa durch die Umdeklarierung als „Freistellungsvergütung“ rechtlich nicht haltbar ist. Arbeitgeber sollten ihre Fortbildungsvereinbarungen daher sorgfältig überprüfen und rechtssicher ausgestalten.

Fazit

Rückzahlungsklauseln müssen verhältnismäßig sein sowohl inhaltlich als auch wirtschaftlich. Wer als Arbeitgeber zu weit geht, riskiert die komplette Unwirksamkeit der Regelung. Für Arbeitnehmer bedeutet das: Unfaire Klauseln sind angreifbar notfalls auch gerichtlich.