Diskriminierung wegen Schwerbehinderung - Verbindung mit Agentur für Arbeit
ArbG Düsseldorf v. 13.8.2025 – 13 Ca 2388/25
Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat einem schwerbehinderten Bewerber eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zugesprochen. Ausschlaggebend war, dass der Arbeitgeber die vorgeschriebene Verbindung mit der Bundesagentur für Arbeit nicht ordnungsgemäß hergestellt hatte.
Der Kläger, 50 Jahre alt, zu 90 % schwerbehindert und promovierter Jurist mit breiter Berufserfahrung, bewarb sich im Februar 2025 auf eine von der Beklagten ausgeschriebene Stelle als Abteilungsreferent Digitalisierung & Automatisierung.
Die Beklagte ein Unternehmen mit über 3.600 Beschäftigten – hatte es versäumt, die Stelle der Agentur für Arbeit nach § 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX zu melden. Ursache war ein fehlendes Häkchen im internen System.
Obwohl der Kläger seine Schwerbehinderung im Bewerbungsverfahren angegeben hatte, erhielt er nach kurzer Korrespondenz eine Absage. Letztlich wurde die Stelle gar nicht besetzt. Der Kläger machte eine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderung geltend und verlangte eine Entschädigung in Höhe von 37.500 €.
Die Entscheidung
Das ArbG Düsseldorf gab der Klage teilweise statt und sprach dem Kläger eine Entschädigung von 10.625 € zu.
- Unmittelbare Benachteiligung: Der Kläger wurde nicht berücksichtigt und damit schlechter behandelt als andere Bewerber (§ 3 Abs. 1 AGG). Dass die Stelle unbesetzt blieb, war unerheblich.
- Verstoß gegen Verfahrenspflichten: Die Beklagte hatte ihre Pflicht zur Meldung der Stelle an die Agentur für Arbeit verletzt (§ 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Dieses Versäumnis stellte ein hinreichendes Indiz i.S.v. § 22 AGG dar.
- Vermutungswirkung nach § 22 AGG: Es wurde vermutet, dass die Benachteiligung im Zusammenhang mit der Schwerbehinderung stand. Auf die Schwere des Verschuldens kam es nicht an. Das Gericht betonte, dass Pflichtverletzungen auch Ausdruck mangelnder Sensibilität und fehlender Schulung der Mitarbeiter sind.
- Keine Widerlegung durch den Arbeitgeber: Die Beklagte konnte nicht nachweisen, dass das Auswahlverfahren diskriminierungsfrei und nach festen Kriterien ablief.
Bemessungsgrundlage war ein Jahresbruttogehalt von 85.000 €. Das Gericht hielt eine Entschädigung von 1,5 Monatsgehältern für angemessen. Ein höheres Verschulden oder besondere Umstände, die eine höhere Summe rechtfertigen würden, lagen nicht vor.
- Arbeitgeberpflichten: Offene Stellen müssen nach § 164 Abs. 1 Satz 2 SGB IX der Agentur für Arbeit gemeldet werden. Unterbleibt dies, drohen Entschädigungsansprüche nach dem AGG.
- AGG-Vermutungswirkung: Verstöße gegen Förder- und Verfahrenspflichten sind Indizien für Diskriminierung unabhängig von der Verschuldensschwere.
- Dokumentation wichtig: Arbeitgeber sollten ein transparentes, nachvollziehbares Auswahlverfahren vorweisen können, um Diskriminierungsvorwürfe zu entkräften.
Die Entscheidung macht deutlich: Formale Versäumnisse im Bewerbungsprozess können für Arbeitgeber teuer werden, auch wenn die Stelle nicht besetzt wird.