Inhaltskontrolle bei arbeitsvertraglicher Verweisung auf Tarifvertrag: BAG stärkt Transparenz

Inhaltskontrolle bei arbeitsvertraglicher Verweisung auf Tarifvertrag: BAG stärkt Transparenz

BAG 2.7.2025 – 10 AZR 162/24

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat klargestellt: Verweist ein Arbeitsvertrag nur teilweise auf tarifvertragliche Regelungen, unterliegen diese einer Inhaltskontrolle nach den AGB-Vorschriften (§§ 305 ff. BGB). Nur eine umfassende (Global-)Verweisung auf den gesamten Tarifvertrag schützt vor dieser Kontrolle.

Ein nicht tarifgebundener Rettungssanitäter erhielt im November 2021 eine Jahressonderzahlung. Als er zum 31. März 2022 kündigte, behielt der Arbeitgeber Teile seiner Gehaltsansprüche ein mit Verweis auf eine arbeitsvertragliche Klausel, die sich auf den DRK-Reformtarifvertrag stützte. Danach sei die Sonderzahlung bei eigenem Ausscheiden bis zum 31. März des Folgejahres zurückzuzahlen.

Der Arbeitnehmer klagte auf Auszahlung der abgezogenen Beträge mit Erfolg.

Das BAG bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen: Der Arbeitgeber durfte die Sonderzahlung nicht zurückfordern. Die zentrale Begründung:

  • Keine wirksame Rückzahlungsverpflichtung: Der Kläger hatte sich nicht eigenständig zur Rückzahlung verpflichtet (z. B. durch ein Schuldanerkenntnis oder Schuldversprechen), sodass eine freiwillige Rückzahlungsvereinbarung ausschied.
  • Unwirksame arbeitsvertragliche Klausel: Die Rückzahlungsklausel im Arbeitsvertrag stützte sich auf eine nur teilweise Verweisung auf den Tarifvertrag (hier: § 23 RTV), nicht aber auf den gesamten Tarifvertrag. Damit unterliegt sie der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.
  • Unangemessene Benachteiligung: Die Regelung benachteiligte den Arbeitnehmer unangemessen (§ 307 BGB), da sie eine erhebliche finanzielle Belastung ohne ausreichende Gegenleistung vorsah.

Fazit

Dieses Urteil hat weitreichende Bedeutung für arbeitgeberseitig gestaltete Arbeitsverträge, insbesondere bei sogenannten tariflichen Bezugnahmeklauseln:

  • Nur wenn der Arbeitsvertrag vollständig und eindeutig auf alle Regelungen eines Tarifvertrags verweist (Globalverweisung), ist eine Inhaltskontrolle durch die Gerichte ausgeschlossen.

Wird dagegen nur punktuell oder auf einzelne Paragrafen oder Regelungskomplexe verwiesen (z. B. nur auf Jahressonderzahlungen oder Arbeitszeiten), können diese Regelungen nach § 307 BGB auf ihre Angemessenheit geprüft und ggf. für unwirksam erklärt werden.