Mehrvergleich bei Zeugnis im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 103 BetrVG
LAG Sachsen-Anhalt v. 28.7.2025 – 1 Ta 34/25
Auch im Rahmen eines Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 103 BetrVG kann die Einigung über ein qualifiziertes Arbeitszeugnis einen eigenständigen Vergleichsmehrwert auslösen, insbesondere dann, wenn der Arbeitgeber eine verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung anstrebt.
In der Praxis zeigt sich regelmäßig, dass Arbeitgeber in solchen Fällen nicht bereit sind, von sich aus ein wohlwollendes Zeugnis mit der Bewertung „gut“ zu erteilen. Hintergrund ist, dass das Verhalten des Arbeitnehmers oder Auszubildenden bereits durch die beabsichtigte Kündigung in Frage gestellt wurde. Entsprechend besteht in diesen Konstellationen typischerweise eine rechtliche Unsicherheit über den Inhalt eines späteren Zeugnisses.
Kommt es im Verfahren zu einem Vergleich, in dem sich der Arbeitgeber zur Ausstellung eines qualifizierten Zeugnisses mit durchgehend „guter“ Bewertung verpflichtet, wird dadurch eine eigenständige Streitfrage geklärt nicht lediglich eine Nebenregelung zur Beendigung des Verfahrens. Das rechtfertigt die Annahme eines gesonderten Vergleichsmehrwerts, auch wenn der Streit formal im Rahmen eines Zustimmungsersetzungsverfahrens und nicht in einem klassischen Kündigungsschutzprozess geführt wird.
Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung überträgt damit die Grundsätze zur Bewertung von Zeugnisregelungen aus Kündigungsschutzverfahren auch auf Verfahren nach § 103 BetrVG ein wichtiger Punkt bei der Festsetzung des Gegenstandswerts anwaltlicher Tätigkeit.