Aussetzung eines Individualverfahrens und die Frage der Vorgreiflichkeit (LAG Köln v. 4.4.2025 – 6 Ta 186/24)

Aussetzung eines Individualverfahrens und die Frage der Vorgreiflichkeit (LAG Köln v. 4.4.2025 - 6 Ta 186/24)

Sachverhalt:

Im vorliegenden Fall streiten die Parteien über die Zahlung einer zusätzlichen Abfindung und einer höheren Abfindung gemäß Betriebsvereinbarungen, die im Zusammenhang mit der Stilllegung des Betriebs der Beklagten abgeschlossen wurden. Das Arbeitsgericht hatte in einem Teilurteil vom 29. August 2024 entschieden, dass die Beklagte die Abfindung für den Kläger gemäß der Betriebsvereinbarung B 2023-15 korrekt berechnet hatte, indem sie ihn als „rentennahen Mitarbeiter“ behandelte. Der Antrag des Klägers auf eine zusätzliche Abfindung aus der Betriebsvereinbarung B 2023-12 war noch nicht entschieden. Zudem begehrt die Beklagte im Verfahren 6 BV 66/24 die Feststellung der Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung B 2023-12. Das Arbeitsgericht hatte den Rechtsstreit gemäß § 148 ZPO und § 46 Abs. 2 ArbGG bis zur Entscheidung im Verfahren 6 BV 66/24 ausgesetzt, da dieses Verfahren als vorgreiflich angesehen wurde. Der Kläger war mit der Aussetzung nicht einverstanden und legte sofortige Beschwerde ein, die jedoch vom LAG zurückgewiesen wurde.

Gründe des Urteils:

Das LAG bestätigte die Aussetzungsentscheidung des Arbeitsgerichts. Es führte aus, dass gemäß § 148 ZPO eine Aussetzung des Verfahrens zulässig ist, wenn das Ergebnis des Rechtsstreits von der Entscheidung eines anderen, anhängigen Verfahrens abhängt. Das Gesetz lässt hierbei der Entscheidung des Gerichts Ermessen. Das LAG entschied, dass im vorliegenden Fall das Beschwerdeverfahren im Verfahren 6 BV 66/24 vorgreiflich sei, da die Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung B 2023-12 maßgeblich für den Anspruch des Klägers auf die zusätzliche Abfindung sei. Sollte im Beschwerdeverfahren die Unwirksamkeit der Betriebsvereinbarung festgestellt werden, entfällt der Anspruch des Klägers.

Das Gericht stellte klar, dass die Vermeidung widersprüchlicher Entscheidungen im Instanzenzug und die Prozessökonomie bei der Ermessensabwägung stärker gewichtet wurden als der Beschleunigungsgrundsatz des Klägers. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass es sich im vorliegenden Fall nur um einen Geldanspruch handelte, was den Beschleunigungsgrundsatz weniger dringlich machte. Das LAG stimmte dem Arbeitsgericht zu, dass die Aussetzung zur Vermeidung widersprüchlicher Urteile sinnvoll war und wies die Beschwerde des Klägers zurück.

Fazit:

Das LAG hat die Entscheidung des Arbeitsgerichts bestätigt, den Rechtsstreit bis zur Entscheidung des Berufungsverfahrens auszusetzen. Die Aussetzung war gerechtfertigt, da das Ergebnis des vorliegenden Verfahrens vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens zur Wirksamkeit der Betriebsvereinbarung abhängt und widersprüchliche Entscheidungen vermieden werden sollten. Das Urteil zeigt die Bedeutung der Prozesswirtschaftlichkeit und der Vermeidung von widersprüchlichen Entscheidungen im Instanzenzug auf.